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Berlin

Berlin, du bist so wunderbar...
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eit einiger Zeit habe ich Probleme mit dem Schreiben. Keine technische Problematik, keine Problematik der Lustfindung. Ich weiß zum Teil einfach nicht mehr genau, was ich in meinen Fotoreportagen schreiben soll, wenn ich denn so stürmisch beginne sie zu erstellen. Es bleibt die Motivation bei vielen dieser Reportagen, die fast immer das Thema “Urbex” behandeln, in den Anfangssätzen stecken, während ich krampfhaft versuche etwas passendes zu schreiben.

Man soll darüber schreiben, was man sieht

Dann erinnere ich mich immer wieder an diesen Satz: Schreibe über das, was du siehst. Doch es erschöpft sich schnell, denn im Endeffekt sieht man immer wieder nur Dinge, die man auch in den anderen, unzähligen Orten sehen konnte: Staub, Verfall, Schimmel, Ruinen. Eine stetige Wiederholung, die von mir mittlerweile emotions- und begeisterungslos aufgenommen wird. Passend dazu wäre die Aussage: Ich bin von diesem Thema satt geworden.

Dabei wollte ich immer hungrig bleiben

Ja, eines meiner Versprechen an mich selbst war einmal: Immer hungrig bleiben. Immer neue Dinge entdecken, ausprobieren, erleben und suchen. Doch man will so viel, wenn man jung ist und alles anders machen möchte, als es die Menschen vor einem getan haben. Ich wollte reisen, Sprachen lernen. Ich wollte – aber ich musste zuerst! Wie viel ich musste… jetzt muss ich immer noch, aber weniger als in den Jahren davor und dennoch habe ich mir selbst nie vollumfänglich die Versprechen eingelöst, die ich mir einst einmal gegeben habe. Gut, das Meer habe ich gesehen, auch Paris und mittlerweile kann ich auf Französisch sogar etwas bestellen, so lange keiner nach Menünummern fragt.

Doch geflogen? Einen anderen Kontinent besucht? Fehlanzeige und Zeugnis vieler trockenen Jahre.
Gut, sooo schlecht war die bisherige Bilanz, wenn ich wieder einmal so darüber nachdenke, dann doch nicht: Mein Glück in der Liebe habe ich gefunden – das wichtigste Versprechen an mich – auch hatte ich das Glück einen festen Job, gute Freunde und einen sicheren Hafen als Heimat gefunden zu haben, doch war da noch immer die Sache mit der Reiselust… Ok, gesund bin ich auch, halbwegs. Ein bisschen Verschleiss hier, ein paar Entzündungen dort, mal ein Polyp, mal eine Bandscheibe. Nichts schlimmes, aber die stete Erinnerung an die fleischliche Existenz. Wer kennt es nicht und wer jammert nicht so gerne auf verdammt hohem Niveau?

Es traf sich also verdammt gut, dass einer dieser besagten Freunde (Manolo, du geile Sau) nach Berlin wollte. Spontan, ohne große Vorwarnung. Ich war spontan wieder so durstig auf Leben, als hätte ich die Wüste Gobi auf allen Vieren und den Resten meiner Nippel durchquert, als wäre ich der erste Mensch auf einer unbekannten Welt. Nur wegen Berlin, einer Hauptstadt im reichsten Land der Welt – wo alles geordnet und reguliert ist. Egal. Neu!

Berlin, du bist so wundervoll!

Manolo übernahm (ihm sei dafür ewiger Dank gewiss) die Formalien, samt Buchung, so dass ich innerlich meinen Frieden schon im Voraus schließen konnte, bezüglich des Fliegens und möglicher Absturzszenarien. Viel mehr als Berlin, beschäftigte mich nämlich innerlich die Freude und Furcht auf das Erlebnis. Würde mein Magen mitspielen? Ist Eurowings sicher? Wie schnell stirbt man, wenn man ein Flugzeug aufschlägt? Lustige Gedanken, von einem so kleinen Menschen.

Der Flug war, wie erwartet, etwas besonderes und faszinierendes; Wie ein kleines Kind (so kam ich mir zumindest vor), starrte ich aus dem Fenster, hinab auf die Welt, die immer kleiner werden zu drohte. Es war etwas einmaliges und ich wunderte mich, wie ich mir so etwas, so lange, habe entgehen lassen können in diesem Augenblick, als Düsseldorf zu einer Miniatur wurde. Leider, so muss ich betonen, war das ganze Erlebnis aber ein zu kurzes – wie es bei allen schönen Dingen ist (man bedenke nur einmal, wie kurz ein Orgasmus im Endeffekt ist und weine anschließend leise in sich hinein, ob der ganzen Leistungsrekorde für diese paar Sekunden). Exakt in der selben, zu kurzen Liga spielte dann auch die Reisedauer mit, die im Höchstfall 45 Minuten gedauert haben dürfte – dafür dann aber den Blick auf eine Stadt freigab, welche in ihren Dimensionen, für so ein Dorfvieh wie mich, geradezu wahnwitzig erschien.

Überall war Berlin; vor uns, hinter uns, ganz besonders unter uns und irgendwie gab es kein Ende. Wieder einmal fühlte ich mich so klein, so ungeschliffen, so trampelig. Ich fühlte mich, als müsste ich diese Stadt mit meiner Kamera erobern, um sie in ihrem Umfang begreifen zu können. Wie konnte ich nur, für so lange Zeit, nicht hier gewesen sein? Ich war so hungrig, so begierig, so scharf drauf alles zu erkunden.

Was ich alles sah? Zu viel, um es den kurzlebigen Lesern in einem Beitrag vermitteln zu können (zu viel Text ist out, es muss heute schnell gehen!), aber Bilder habe ich dafür um so mehr mitgebracht. Viel Spaß!

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