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Haus des Pfarrers

Haus des Pfarrers
RR

Besucht im Jahr 2013

„Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein, wodurch ihr euch selbst betrügt…“

Text von 2013

S

o, oder so ähnlich, könnte man ja seit hunderten von Jahren die Arbeit der katholischen und evangelischen Kirchen beurteilen, die nicht selten zu Hauptteilen daraus besteht den eigenen Kirchenschatz zu mehren – samt dem Erhalt der Macht und weitergehenden Ausbau eben dieser. Als gestandener Rheinländer ist dies nicht unbedingt etwas neues, erst recht nicht wenn man noch 1992-1996 so ziemlich jeden Dienstag zur Kirche musste (danke, liebe Grundschule…), um dort vom lila/grün geschalten Kleiderträger hören zu dürfen wie böse Jurassic Park doch ist, oder ersatzweise die Spice Girls (oder Kaugummi, Popmusik, die Verlockungen durch Videospiele…). Wie liebte ich die unsinnig harten Holzbänke, das Hinknien zum Gebet (Polster unter den Knien? LOL?! WUT?!), das kleine, bescheuerte Senfkorn, welches sich so mancher Priester lieber einmal in den Hintern hätte schieben sollen… nicht zu vergessen: He got the whole world, in his… is‘ klar. Trauma.

Ja, das hat mich, und mein Verhältnis zur Kirche, nachhaltig geprägt und so weit es auch nur eben geht, vermeide ich bis heute jeglichen Besuch in einem „Gotteshaus“ – außer es lockt mich durch seine Architektur und Ausstattung; immerhin bekommt man selten so kostspielige Prachtbauten mal eben so zu Gesicht. Dass es zuletzt für meine, im Prozess des Sterbens befindliche, Großmutter nicht möglich war in der Nacht einen Priester zu besorgen (sie war noch bei Bewusstsein – für eine recht knappe, absehbare Zeit), weil der nicht in der Nacht zu den Sterbenden kommt (Bettchen ist halt wärmer), hat zuletzt auch die absolut letzte Bindung beendet und wird in einem Kirchenaustritt münden.

Dementsprechend stehe ich dem Bodenpersonal mit ausgeprägt großer Skepsis gegenüber, was jedoch nichts an meinen persönlichen Glaubensvorstellungen ändert (konfuse Mischung aus christlicher Inspiration, Buddhismus, Zen und Kaffee – funktioniert!). Als mir dann fast schon meine Tagesmahlzeiten hochkamen, als ich diese sehr, sehr, sehr gehypte Location betrat, sehe ich mal einfach als natürliche Abwehrreaktion an.

Dass mir zeitgleich noch ein Schimmelgeruch in die Nase schoss, der an beste bauliche Arbeiten samt soliden Heizungskonzept erinnerte, befeuerte nicht gerade meine Begeisterung für dieses seltsame Haus, welches vorallem durch Dreck, Verwahrlosung und zusammengeschusterten Anbauten bestach, die so fachmännisch erschienen wie eine Herztransplantation durch einen Barbier. Rock on!
Wie also bereits der Duft vermittelte, drang durch viele Teile des „Dachs“ Wasser in die heimelig ausgestattete Hütte des Pfarrers, was den Teppich zu Kuschelattackten auf die Schuhsohlen verleitete und den Besuch dadurch recht oft mit schmatzenden Geräuschen verschönerte.

Angenehm! Nicht zuletzt sah ich dieser Tage auf Flickr ältere Bilder dieses Ortes, auf denen noch die Reste einer Katze zu sehen waren, die nun wohl in meinen Schuhen kleben dürfte (und ich dachte, es wäre der Teppich gewesen, der an dieser Stelle so flutschig war…)

Beim Anblick der vollausgestatteten Spielbereiche, der vielen deutschen Schriften, den Bildern aus aller Welt (immerhin befanden sich zum Zeitpunkt des Besuchs noch ca. 500~ Dias vor Ort), den unzähligen Matratzen und den anderen, seltsamen Zusammenstellungen, ergab sich ein nicht eben durchgängiges Bild dieses Ortes. War es eine Begegnungsstätte? Ein radikal katholischer Sektenhort? Einiges deuete daraufhin, auch die eine, oder andere Schmähschrift gegen den Islam, oder andere Weltreligionen (wie auch die Kriegsvorräte an pulverigen Kartoffelbrei). Eben so verwunderlich waren die Bilder von jungen Männern in kurzen Jeanshosen, oder auch Badehosen. Katholischer Priester in Belgien. Jupp. 10 Eur in die Klischeekasse.

Was sich in die Reihe der Seltsamkeiten und Störfaktoren einreihte, direkt neben Schimmel, seltsamen Fotos und der religiösen Eifrigkeit: Dieser Ort wurde häufiger besucht als die Kölner Bahnhofstoilette.
Was auf Fotos vor einem Jahr noch vorhanden war, dürfte sich nun in Wohnzimmern, Kellern oder Flohmärkten wiederfinden lassen. Der Arbeitstisch wurde Tine Wittler gerecht umdekoriert, der ehemals vorhandene Schädel (katholischer Priester, Sie wissen schon) fehlt, wofür jedoch Printen drapiert und anscheinend extra mitgebracht wurden, die nun fröhlich schimmeln und dabei monströs fette Fliegen ernähren.

Wäre es nicht die Einweihung meiner Canon EOS 6D gewesen, ich hätte wahrscheinlich draußen gewartet – nicht wegen der Motive, sondern wegen des schlechten Gesamtbildes dieses Ortes.
Selten fühlte ich mich irgendwo so unwohl wie dort.

Viel Spaß dennoch mit den Bildern – ich hoffe dass sie ein wenig die Stimmung rüberbringen, auch wenn es wirklich noch die besten Winkel des Hauses sind, die ich hier festhielt.

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