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Masters of Dust

Masters of Dust
RR

Besucht im Jahr 2017

S

ndustrie – mein heimlicher Fetisch. Rostiger Stahl, gigantische Hallen, oder auch kleine Werkstätten. Ein Geruch, der sich aus Öl, Fett und Metall vermengt, aus Holz, welches schwarz vor Dreck wurde. Industrie, wo körperliche Arbeit als ehrend, nicht beschämend verstanden wird. Dort, wo die stetige Atmosphäre des Schaffens herrscht und jederzeit etwas in Bewegung geraten könnte. Heilige Stätten des Fortschritts, Kathedralen der Arbeit.

Ich liebe es, durch solche Hallen schlendern zu dürfen, ihre Eigenart atmen zu können und Staub aufzuwirbeln. Rostigen Stahl und abgeplatzten Lack zu ertasten, mich schmutzig zu machen. Zu anderen Zeiten wäre ich vielleicht ein Bergmann geworden, tief unter der Erde, oder ein Fabrikarbeiter. Zu anderen Zeiten. Heute zählen diese Orte, in unseren Breitengraden, alle nichts mehr, sind vergessen worden und zum Stillstand verdammt. Wo einst die Gedanken einer sozialen Revolution auf fruchtbaren Boden trafen, dort herrscht heute nur noch eine beschwerende Depression einer Arbeiterschaft, welche nicht mehr sie selbst sein darf. Werk um Werk wurde in den letzten Jahrzehnten geschlossen, ohne Rücksicht auf eine Kultur, eine Lebensweise, die nicht zur Dienstleistungsgesellschaft passt.

Wer heute in der Industrie daheim ist, dem droht ständig die Gefahr der Arbeitslosigkeit.

Alles hat sich geändert, nichts ist mehr von Bestand und als würde die ganze Welt nur noch aus Dienstleistern bestehen, vergisst man woher der Stahl kommt, der unsere Autos formt, unsere Häuser stützt, oder in tausenden anderen Dingen steckt, die für uns unersetzlich geworden sind. Die Wirtschaft ist global geworden, doch bestehen immer noch die nationalen Interessen fort und der Stahl ist ein Diener des Geldes geworden, der von den billigsten Kräften geformt wird, die überhaupt zu finden sind.

Ob das alles gut gehen wird? Oder ob ich es eines Tages miterleben werde, wie alte Werke, bereits dem Verfall preisgegeben, wieder eröffnet werden müssen – weil Grenzen und Märkte sich wieder schließen werden? Weil wir dann wieder in eine Epoche zurückgeworfen werden, für die wir gar nicht mehr das Werkzeug besitzen? Betrachten wir die Mahnmale einer Globalisierung, welche niemals eine war. Diese stillen Gotteshäuser der Industrie, die längst keine Anhänger mehr in unseren Breitengraden findet.

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